Gelbe Scheincalla (Lysichiton americanus)
Aktualisiert am: 27.03.2023
EU-Code:
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Lysichiton americanus, Amerikanischer Riesenaronstab
© Foto: R. Fuchs
Aussehen und Verwechslungsmöglichkeiten
Lysichiton americanus ist eine auffällige Rhizomstaude mit bis zu 1,5 m langen, wechselständigen, ungeteilten, ganzrandigen, netznervigen, dickrippigen und am Grunde scheidigen Blättern. Der Unterirdische Teil der Pflanze besteht aus dem im jungen Stadium weißen später gelb-braunen vertikal wachsenden bis zu 30 cm langen und 4-5 cm dicken Rhizom und einem Büschel an dickfleischigen Wurzeln. Der für die Aronstabgewächse typische vielblütige Kolben (Spadix) von (6) 10- 25 (35) cm Länge wird von einer leuchtend gelben Spatha (Hochblatt) umhüllt. Nach erfolgreicher Bestäubung der Blüten entwickeln sich entlang des Kolbens grüne 2-4 samige Beeren.
Verwechselt werden kann Lysichition americanus am ehesten mit zwei weiteren in der Literatur ebenfalls als Stinktierkohl bezeichneten Araceen: dem nordamerikanischen Symplocarpus foetidus (L.) Nutt, der jedoch eine braunrote bis gelblichgrüne, dick-bauchige und plötzlich zugespitzte, an eine Muschel erinnernde Spatha ausbildet sowie mit dem kleineren asiatischen Stinktierkohl (Lysichiton camtschatcensis (L.) Schott), der eine weiße Spatha besitzt.
Biologie
Die ersten Blüten bildet Lysichiton americanus im Alter von 5 Jahren. Die unscheinbaren, bisexuellen, gelblichgrünen Blüten mit einer Blütenhülle aus 4 (6) freien oder verwachsenen Tepalen und ebenfalls 4(-6) Staubblätter durchlaufen zunächst eine 5-6 tägige weibliche, dann eine 5-8 tägige männliche Phase. Der namengebende, unangenehme, insektenanziehende Geruch wird während der weiblichen Blühphase verströmt. In Nordamerika ist die Bestäubung durch Käferarten bekannt, die die Spadix als Nahrungsquelle aufsuchen. Für Deutschland fehlen Angaben zu Bestäuberinsekten. Neben der Fremdbestäubung findet während der Überlappungszeit von weiblicher und männlicher Blühphase auch Selbstbestäubung statt. Der Blühbeginn schwankt im Ursprungsland Amerika je nach Höhenlage bzw. Klima von Februar im Flachland (Seattle) bis Mai/Juni in den Bergen in Europa von März-Mai (Deutschland: März-April, Schweiz: April-Mai, Finnland: Mai). Die Blätter werden nach der Blüte geschoben. Die Reifung der Früchte erstreckt sich über 3 Monate und endet in Nordamerika im Juni/Juli in Deutschland einen Monat später (Juli/August). An jedem Blütenstand reifen 100-300 (650) Früchte heran die sich mit dem Kolben von der Pflanze lösen und in unmittelbarer Nachbarschaft zur Mutterpflanze keimen oder von strömendem Wasser verdriftet werden. Die einzelnen Pflanzen wachsen relativ langsam, können jedoch je nach Autor ein Alter von 40 oder sogar 80 Jahren erreichen.
Herkunft und Einwanderungsweg
Die ursprünglich von der Westküste Nordamerika (Alaska bis Kalifornien) stammende Sumpfstaude Lysichiton americanus wie auch die asiatische Schwesternart Lysichiton camtschatcensis werden in Mitteleuropa schon seit langem in Gärten und Parkanlagen vorwiegend an Teichufern mit wachsender Beliebtheit kultiviert. Die erste Verwilderung innerhalb Europas wurde 1947 in Surrey, Großbritanien entdeckt. Seither sind darüber hinaus Wildvorkommen für Irland, Norwegen, Schweden, Dänemark, Deutschland und Finnland bekannt geworden. In Deutschland wurde Lysichiton americanus-Verwilderungen zunächst Anfang der 1980er Jahre aus dem Taunus (Hessen) gemeldet, wo die Art in Quellbereichen und bachbegleitenden Auwäldern an mehreren Stellen von einem Gärtner angepflanzt wurde und sich mit tausenden von adulten und jungen Pflanzen massiv ausgebreitet hat. Weitere bekannte Wildvorkommen außerhalb von Nordrhein-Westfalen sind eine 2006 bekannt gewordene Population von 20 Individuen im Bachuferbereich im NSG „Elendstal“ im Harz (Sachsen-Anhalt), eine unbekannte Anzahl von Pflanzen im Brexbachtal in der Nähe von Koblenz (Rheinland-Pfalz) und ein weiteres Vorkommen von drei großen und 150 kleinen Pflanzen in der Nähe von Rom (Gemeinde Birresborn) in der Eifel (Rheinland-Pfalz) sowie eine umfangreiche, zahlenmäßig nicht näher bezifferte Population in Bächen und Gräben südöstlich Leutstätten (Bayern) (Schuhwerk in Lippert, 2007).
Lebensraum
In ihrem ursprünglichen Areal besiedelt die Sippe nasse und saure Böden im Uferbereich von Still- und Fließgewässern sowie innerhalb von Moorgebieten. In NRW finden sich Vorkommen in vergleichbaren Lebensräumen im Uferbereich von Bächen, Gräben, innerhalb bachbegleitender Auwälder und vermoorter Quellhorizonte.
Verbreitung in Nordrhein-Westfalen
Das aktuell größte und seit 2002 bekannte Wildvorkommen Nordrhein-Westfalens mit einer Populationsgröße von etwa 20 Individuen befindet sich innerhalb von Feuchtwäldern des Duisburg-Mülheimer Waldes(Mülheim an der Ruhr). Hier finden sich mittelgroße bis kleinere Pflanzen innerhalbeines neophytenreichen Auwaldes entlang des Bühlsbaches sowie in einem naturnahen Auwald entlang des Schengerholzbaches. Ein weiteres Vorkommen im Duisburg-Mülheimer Wald (Duisburg) mit 4 große Pflanzen von 120 cm Blattlänge siedelt im Bereich einer vermoorten Quelle des Weißbaches. Dieses Vorkommen ist ebenso wie die im Taunus bereits seit den 1980er Jahren bekannt. Ursprung dieser Bestände ist in beiden Fällen vermutlich das Ausbringen von Gartenabfällen.
Weitere Vorkommen sind eine Population von 10 großen und kleinen Pflanzen unbekannten Ursprungs in einem Erlenbruchwald im Pillebachtal im Stadtgebiet von Düsseldorf, 2 Einzelpflanzen im Bereich der Einmündung des Wiebaches in das Vorbecken der Wuppertalsperre sowie eine kleine Einzelpflanze an einem Grabenrand im Süden des Stadtgebietes von Mülheim an der Ruhr.